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Dossier „NIPT als GKV-Leistung“

Kaum ein Thema wurde in den vergangenen Jahren in Gesellschaft und Politik kontroverser diskutiert. Dabei ist die Grundannahme dieser Diskussion, NIPT ersetze die Fruchtwasseruntersuchung als Suchstrategie auf Down-Syndrom, sachlich falsch.

Auch zeichnet sich ab, daß durch die Einführung von NIPT als KV-Leistung die Gesamtrate an medizinisch indizierten diagnostischen Punktionen nicht nennenswert weiter reduziert werden kann, sofern bisher erreichte Ultraschall-Qualitätsstandards (Ultraschall-Frühdiagnostik) im Umgang mit dieser Thematik nicht vorsätzlich ignoriert werden. Es gibt bereits jetzt harte Evidenz dafür (RCT – prospektiv randomisierte Studien) die Einführung von NIPT bisher nicht zu einer messbaren Reduktion der unerwünschten Abortrate (Vergl. in Kurzform als Abstract). Damit fußt eine gesundheitspolitische Grundsatzentscheidung professionellen Anspruchs (IQWIG, G-BA) auf sachlich irrigen Prämissen.

Komplexe ethische Dimension

Unbenommen hiervon ist der nachvollziehbare menschliche Wunsch nach klaren Lösungen und das (gesundheits-)politische Bedürfnis nach einfachen, griffigen Botschaften. Zu beachten ist dabei allerdings, daß die hier zur Entscheidung stehende Thematik – anders als bei sonstigen Fragen einer medizinischen Versorgungsqualität (Bsp: Hüftkopf-Endoprothese), mit werdender Mutter und ungeborenem Kind zwei mit Grundrechten ausgestattete Menschen betrifft. Damit sind die Aspekte einer praktischer Gesundheitsversorgung genauso wie ihre damit verbundenen ethischen Dimensionen weitaus komplexer als sonst üblich.

Absehbare Folgen des eingeschlagenen Weges werden sein:

  • gesundheitspolitisch: Die Generierung rational nicht begründbarer, hoher Kosten im Gesundheitssystem, Bindung von Ressourcen, die andernorts fehlen werden
  • pränatalmedizinisch: Der qualitative Rückschritt auf ein Versorgungsniveau der 1980er/1990er Jahre, der programmierte Anstieg vermeidbar spät diagnostizierter fetaler Fehlbildungen
  • gesellschaftlich-ethisch: Die Vergesellschaftung der bisher höchst individuellen Entscheidung der Schwangeren, ob – und wenn ja, in welchem Umfang – sie Information zur genetischen Gesundheit ihres ungeborenen Kindes haben möchte oder nicht

Weiterführende Fachliteratur – NIPT als GKV Leistung

– GEKO-Tätigkeitsbericht 2016-2018: Dritter Tätigkeitsbericht der GEKO am RKI für den Zeitraum 1.1. 2016- 31. 12. 2018. NIPT-relevante Passage ab S. 57. Expliziter Verweis zur sinnhaften Anwendung von NIPT: „Da die Trisomie 21 nur für etwa 50% aller fetalen Chromosomenstörungen verantwortlich ist und Chromosomenstörungen insgesamt nur etwa 10% aller Fehlbildungen verursachen, empfehlen mehrere wissenschaftliche Gesellschaften, dass die cfDNA-Analyse immer in Kombination mit einer qualifizierten Ultraschall- Untersuchung erfolgen soll (Dolk, H 2010, Grati, FR 2010, Schmid, M 2015, Salomon, LJ 2017). Dadurch sollen auch Fehlbildungen erkannt werden, die den ärztlichen Fokus auf andere Chromosomenstörungen richten (Kagan, KO 2018)“.

– GEKO-Tätigkeitsbericht 2013 – 2015: Zweiter Tätigkeitsbericht der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) am RKI –Robert-Koch-Institut für den Zeitraum 1.1. 2013 – 31.12. 2015. NIPT-relevante Passage ab S. 46. Dort Verweis auf die Studie von Dar 2014, wonach 6% der Schwangeren nach auffälligem NIPT-Ergebnis ohne weitere Diagnosesicherung die Schwangerschaft abbrechen.

– CDC- Center for disease control– Cecelia Bellcross: Non-invasive Prenatal Screening: The Clinical Perspective (Nov 2015)

– GEKO-Tätigkeitsbericht 2009-2012: Erster Tätigkeitsbericht der GEKO am RKI für den Zeitraum 19.11. 2009- 31. 12. 2012. NIPT-relevante Passage ab S. 32.

– Ultraschall in Med 2019; 40(02): 176-193: English: DEGUM, ÖGUM, SGUM and FMF Germany Recommendations for the Implementation of First-Trimester Screening, Detailed Ultrasound, Cell-Free DNA Screening and Diagnostic Procedures

– Ultraschall in Med 2019; 40(02): 176-193: Deutsch: Empfehlungen der DEGUM, der ÖGUM, der SGUM und der FMF Deutschland zum Einsatz von Ersttrimester-Screening, früher Fehlbildungsdiagnostik, Screening an zellfreier DNA (NIPT) und diagnostischen Punktionen

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